Ein Zitat
"Kirche funktioniert in dogmatisch geheiligtem Schneckentempo... Willst du was bewegen? Bring Snacks. Viel Geduld. Und ein dickes Fell." Ina Jäckel, Pastorin
Foto © Jörg Niederer
Hingesehen
Manchmal möchte ich schon da sein, wo mein Schatten bereits angekommen ist. Doch so einfach ist das nicht. Jeder Prozess, jeder Weg verlangt eine gewisse Anstrengung. Einmal komme ich leichter voran, dann ist es eine wirklich beschwerliche Reise.
Manchmal bin ich meinem Schatten auch schon weit voraus. Dann folgt er mir, lässt sich nicht abschütteln. Der Schatten hat kein Gewicht, ich muss ihn nicht hinter mir herschleppen oder vor mir herstossen. Aber er zieht mich leider auch nicht mit sich mit. Das ist gut, wenn es in die falsche Richtung gehen sollte. In die richtige Richtung könnte er mich schon etwas mehr unterstützen.
Als ich beobachtete, wie mein Schatten zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs mit Leichtigkeit auch den Wasserlauf der Murg überhüpfte, sagte ich mir: Da muss noch mehr gehen. Zum Beispiel könnte es ja sein, dass beim ersten Sonnenstrahl mein Schatten gar die 12 Kilometer weit entfernten Ufer des Neusiedlersees verbindet. Doch will ich wirklich über diese Distanz hoffnungslos hinter meinem Schatten zurückbleiben. Besser ich warte, bis sich die Sonne dem Zenit annähert, und meinen Schatten vom andern Ufer wieder zu mir zurück gleitet.
Als Gleichnis spricht der Schattenwurf in mein Leben hinein. Am Morgen früh gehen meine Pläne und Erwartungen weit in die Zukunft. Doch mit den Stunden werden die damit verbundenen Hoffnungen kleiner, bis sie beim Menschenmöglichen angekommen sind. Doch dann denke ich zurück an das, was auf diesem Weg gelungen oder misslungen ist. Ich drehe mich um, und sehe immer klarer, wie die Probleme wie Schatten anwachsen und dann glücklich im Sonnenuntergang flammend untergehen. Nun habe ich Ruhe, bis zum nächsten Morgen mit seinen neuen grossen Erwartungen.
Jörg Niederer
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