Mittwoch, 1. Oktober 2025

Waldkaviar

Ein Zitat

Der Fischeierschleimpilz (Tubifera Ferruginosa) zeigt sich auf einem alten Baumstamm in seiner vollen Schönheit.
Foto © Jörg Niederer
"Wie wenig bleibt vom Waldzauber in der Pilzsuppe übrig!" Herkunft unbekannt

Hingesehen

Auf dem fast schwarzen Holz eines alten Baustumpf leuchtet es orangefarbig. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich ein Schleimpilz in seiner ganzen Schönheit. An einer Stelle haben seine Fruchtkörper sich in Herzform versammelt. "Es sieht aus wie Kaviar", meint meine Begleiterin. "Man sollte ihn 'Kaviarschleimpilz' nennen." Und siehe da; das haben auch andere so gesehen. Der deutsche Name ist denn auch "Fischeierschleimpilz" oder "Lachseierschleimpilz".

Schleimpilze bewegen sich. Sie wandern dahin, wo sie ihre Nahrung finden. Dabei hat man auch schon erstaunliche Fähigkeiten entdeckt, so etwas wie Intelligenz. Denn in einem dreidimensionalen Labyrinth finden Schleimpilze jeweils den direktesten Weg an ein Ziel.

Auch dieser Schleimpilz bewegte sich. Nach drei Tagen hatte er sich etwa 2 Zentimeter tiefer in einen Holzspalt hineingearbeitet. Das war vor einem halben Monat. Gestern war dann vom Schleimpilz nur noch ein kümmerlicher Rest zu finden, der ein wenig aussah, wie dunkle Erde, die man an einem Randstein von der Schuhsohle abgestreift hatte. Seine Sporen werden auch von Fliegen weiterverbreitet, deren Kinderstube sie im Schleimpilz erfuhren.

Irgendwer hat auch den Geschmack des Fischeierschleimpilzes getestet. Er soll "unbedeutend" sein. Als ein Wunder der Natur ist dieser Schleimpilz aber alles andere als unbedeutend. Ein wichtiger Teil im Prozess der Zersetzung organischen Materials.

Jörg Niederer

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